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Interview mit Christian Thormann

Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit der Mitarbeitenden liegt in der SIGNAL IDUNA Asset Management (SIAM) bei weit über zehn Jahren. Doch auch in einem so stabilen Mitarbeiterkreis kommt es von Zeit zu Zeit zu Veränderungen. So verlässt Ende November Christian Thormann, ein Portfoliomanager der ersten Stunde, das Unternehmen – und zwar aus Altersgründen. Anlass für uns, mit dem Kollegen nochmal in den intensiven Austausch zu gehen.

Wolff Seitz 10.11.2021 5 Min Lesezeit

Herr Thormann, fangen wir mit den Komplimenten an: Dass Sie aus Altersgründen ausscheiden, hat uns alle überrascht – zehn Jahre wären da doch sicherlich noch drin gewesen?

Danke für die Blumen – und ja, 60 ist die neue 50. Insofern hätte ich auch sicherlich noch weiterarbeiten können.  Vor allem, weil mir meine Arbeit noch immer großen Spaß macht.

Dieses Interview führen wir nicht uneigennützig: Schließlich hoffen wir, dass Sie noch ein paar Erfahrungen aus fast 40 Jahren Tätigkeit am Kapitalmarkt mit uns teilen. Was hat es z. B. mit der Formel „Sell in May and go away“ auf sich?

In meinen Augen der beste Börsenwitz überhaupt – eine völlig überschätzte Redewendung.

Und welche hat sich bewahrheitet?

Wenn man glaubt, die Krise sei am größten und alles geht unter: Dann muss man kaufen.

Wenn Sie sich selbst analysieren: Haben Sie diese Erkenntnis immer umgesetzt?

Tatsächlich über jede Krise hinweg. Zwar tut es jedes Mal weh, mit dem Markt nach unten zu gehen. Ist die Talfahrt aber überstanden, hat der Markt immer das Potential, sich zu erholen.

Fragt man Sie in Ihrem privaten Umfeld um Rat?

Im Freundeskreis gebe ich wenig Empfehlungen – ich werde aber auch selten gefragt. Ich finde es auch schwierig, denn daran kann eine Freundschaft kaputtgehen. Aber grundsätzlich ermutige ich zur privaten Geldanlage. Gerade in Aktien bzw. Aktienfonds und vor allem, wenn der Markt Schwächephasen durchläuft.

Wie strukturiert sich Ihr Arbeitstag?

Der erste Blick des Morgens geht auf den Markt: Was machen die Kurse? Und dann heißt es lesen, lesen, lesen. Ein kurzer Blick auf die Politik und dann geht es um die tagesaktuellen Nachrichten über die einzelnen Unternehmen. Dafür stehen uns verschiedene Börseninformationssysteme zur Verfügung. Was ich dort an Informationen sammle, gilt es zu bewerten – das gehen wir im Team der Aktienfondsmanager gemeinsam durch. Um dann zu guter Letzt zu entscheiden, ob ich daraus Veränderungen meiner Portfoliostruktur ableite.

Was macht den Reiz Ihrer Arbeit aus?

Jeden Tag kommt etwas anderes. Es gibt so gesehen nur Abwechslung, keinen Gleichlauf. Das macht es immer wieder spannend und ist das Schöne an dem Job.

Wann haben Sie erste Schritte am Kapitalmarkt gemacht?

Die Grundlagen wurden sicherlich in meiner Schulzeit im Fach Wirtschaft und Sozialkunde gelegt – da hatten wir einen engagierten Lehrer und da war eine ganze Menge Wirtschaft dabei. Bereits als Student habe ich dann Charts von Aktienkursen gezeichnet, die habe ich damals aus der Zeitung abgeschrieben. Nach meinem Studium ging es dann zur Norddeutschen Genossenschaftsbank, mittlerweile in der heutigen DZ Bank aufgegangen, wo ich als Aktienanalyst einstieg. Danach ging es für sechs Jahre an den Main zur Frankfurter Volksbank, bevor ich wieder nach Hamburg zurückkehrte. Zunächst zur Vereins- und Westbank, heute Teil der HypoVereinsbank bzw. UniCredit, von dort dann zu Donner & Reuschel.

2002 wechselte ich dann nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch die Profession: Nach 16 Jahren als Analyst wurde ich Portfoliomanager bei der HANSAINVEST und wechselte ein Jahr später mit allen Portfoliomanagern im Zuge der seinerzeitigen Neuorganisation innerhalb der SIGNAL IDUNA Gruppe in die SIGNAL IDUNA Asset Management (SIAM).

Was zeichnet die SIAM aus?

Es herrscht ein angenehmes Arbeitsklima – der Umgang ist sehr kollegial, das Arbeitsverhältnis ein sehr mitarbeiterfreundliches.

Welche Erlebnisse aus Ihrer Arbeitszeit sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?

Die schönen Erlebnisse sind natürlich die guten Börsenphasen – aber einprägsam sind die Krisen, in meinem Fall also die Internetblase, 9/11 in den USA, die Lehman-Krise und die Corona-Pandemie. Und als zeitlich überlagerndes Phänomen die Nullzinspolitik der westlichen Notenbanken. Letzteres ist eine völlig neue Erlebnisstufe. Die Jüngeren können mein Verständnis, dass Geld etwas kosten muss, fast gar nicht mehr nachvollziehen.

Was hat sich in den knapp 35 Jahren Ihres Berufslebens ansonsten an den Märkten geändert?

Die Bewertungsmaßstäbe haben sich verschoben, insbesondere in den letzten zehn Jahren. Über weite Teile meines Berufslebens hinweg war die Bewertung von Aktien eher fundamental ausgerichtet, die Wertverhältnisse mussten also stimmen, damit eine Aktie interessant genug war, um sie zu kaufen. Mittlerweile ist das Börsengeschehen schnelllebiger, sind die Kurssprünge größer geworden. Auf kurze Sicht ist mehr Spekulation im Markt; auch mehr Kapital.

Legen Sie privat andere Wertmaßstäbe an Aktien als Sie das beruflich tun?

Nein, da mache ich keinen Unterschied. Allerdings bin ich bin privat kein Langläufer – wenn ich ein gewisses Maß an Kurssteigerung erreicht habe, dann verkaufe ich bereits. Als Fondsmanager habe ich da eine etwas andere Sicht. Die Aktien liegen schon ein bisschen länger, denn der Fonds ist kein Zockerinvestment, sondern eine langfristige Entwicklung.

 

Wenn ich Sie bitten würde, folgende Satzanfänge zu vervollständigen: Was würden Sie mir antworten?

Aktienfonds im Depot … sind großartig, weil man langfristig eine schöne Rendite herausbekommen kann.
Fondsmanager haben immer … viel Informationsbedarf.
Ein Leben ohne Aktien ist … wie Spaghetti ohne Soße.

Der Privatmensch Christian Thormann: Wie sieht sein Steckbrief aus?

Nun, verheiratet, zwei erwachsene Söhne, keine Haustiere – und ich möchte auch als Rentner keine haben. Denn dafür hätte ich keine Zeit – meine Liste für Haus und Garten ist lang. Zudem spiele ich ganz gern Golf und bin ehrenamtlich im Vorstand meines Golfclubs engagiert. Darum werde ich mich künftig etwas mehr kümmern können.

Meer oder Berge?

Eher die See – mit immer mehr Bergen. Denn ich fahre auch gern Ski.

Fern oder daheim?

Nun, in den USA, Kanada und Südafrika war ich bereits. In Asien war ich hingegen noch nicht – da zieht es mich aber auch nicht hin. Insofern für die nähere Zukunft eher Europa und dann auch gern Deutschland. Zumal meine Frau und ich mittlerweile E-Bikes besitzen, so dass es auch für längere Touren z.B. zur Nord- oder Ostsee reicht.

Es wird Ihnen also auch im Ruhestand nicht langweilig werden, Herr Thormann – vielen Dank für die Zeit, die Sie sich für unser Gespräch genommen haben. Und schon mal an dieser Stelle, auch wenn wir uns noch in anderem Rahmen sehen oder hören werden: Alles Gute und vor allem Gesundheit für Ihren neuen Lebensabschnitt!

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