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Familienzuwachs

Im deutschen Leitindex geht es künftig etwas vielfältiger zu: Der DAX vergrößert sich erstmalig nach 33 Jahren und enthält ab dem 20. September 40 deutsche Unternehmen.

Wolff Seitz 06.09.2021 5 Min Lesezeit

Wenn eine Familie wächst, ist das gemeinhin ein Anlass zur Freude. Junge Erdenbürger werden nicht nur von den eigenen Eltern und dem gesetzlichen Rentenversicherungssystem euphorisch begrüßt – auch das weitere Umfeld nimmt den Nachwuchs in der Regel mit offenen Armen auf.

Der DAX erhält Zuwachs

So ist es kein Wunder, dass die für Ende September anstehende Erweiterung des deutschen Aktienleitindexes, des DAX, auf so viel Interesse stößt. Wir erinnern uns: Der DAX wurde am 1. Juli 1988 aus der Taufe gehoben. Damals waren 30 Aktien das Maß aller Dinge. Vielleicht weil das große Vorbild, der Dow Jones Industrial, ebenfalls 30 Titel umfasste.

Nun wird der DAX künftig 40 Aktien umfassen – und hat damit den Umfang des französischen Pendants, des CAC 40, erreicht. Die neuen Familienmitglieder wurden am 4. September bekanntgegeben, förmlich aufgenommen werden sie dann am 20. September. Darunter befinden sich Schwergewichte wie Airbus, aber auch eher kleinere Adressen wie Puma oder Zalando.

Des einen Freud ist in diesem Fall des anderen Leid. Denn die Familienerweiterung fordert Opfer: Die zusätzlichen Titel des DAX stammen alle aus dem MDAX, gern auch als die zweite Liga deutscher Aktien tituliert. Dieser wird in der Folge nicht mehr 60, sondern nur noch 50 Mitglieder umfassen.

Mehr Diversität im Aktienleitindex

Mit der Erweiterung des DAX verbinden sich mehrere Hoffnungen. So soll der international beachtete Index hinsichtlich der in ihm vertretenen Branchen dauerhaft diverser werden. Zudem wird das Gewicht der bisherigen 30 Titel etwas reduziert, was die Abhängigkeit der Dax-Entwicklung insbesondere von den Kursen der Schwergewichte etwas reduziert. Der Anteil, den die zehn Neuen mitbringen, beläuft sich immerhin auf etwa 13 Prozent des erweiterten DAX. Im Ergebnis werden die beiden bedeutendsten Aktien SAP und Linde, die seit der jüngsten Anpassung im Juni bei jeweils gut 10 Prozent lagen, auf künftig etwa 9 Prozent gestutzt.

Die Erweiterung der Familie ist übrigens nur ein, wenn auch sicherlich der am aufmerksamsten verfolgte und finale Aspekt einer umfassenden Index-Anpassung, die in diesem Jahr stattfand.

Wann wird ein Unternehmen im DAX aufgenommen?

Denn ob ein Unternehmen seine Aktien im DAX notiert sieht, hängt seit März von seiner Platzierung hinsichtlich der frei handelbaren Marktkapitalisierung ab. Diese ist das Produkt von Kurs und Anzahl der nicht dauerhaft von einzelnen Investoren gehaltenen Aktien. Je bedeutender also das theoretisch mögliche Handelsvolumen, desto besser.

Um sicherzustellen, dass das keine Theorie bleibt, muss für die zwölf Monate vor Aufnahme eine Mindestliquidität bewiesen worden sein. Die gilt u. a. als gegeben, wenn das Handelsvolumen über diesen Zeitraum an der Frankfurter Wertpapierbörse oberhalb von einer Milliarde Euro lag. Bei etwa 250 Handelstagen im Jahr entspricht das einem durchschnittlichen täglichen Umsatz von vier Millionen Euro. Um Ihnen ein Gefühl für diese Zahl zu geben: Selbst die HeidelbergCement, mit einem Indexanteil von nicht einmal einem Prozent einer der kleineren Werte des DAX, lag mit ihrem täglichen Handelsvolumen in diesem Jahr bislang nie unter 17 Millionen und in der Spitze bei 120 Millionen Euro.

Weitere Kriterien für den Auf- und Abstieg

Natürlich kann man seinen Platz im Olymp auch wieder verlieren: Abseits einer zu geringen frei handelbaren Marktkapitalisierung ist das der Fall, wenn man es versäumt, binnen bestimmter Fristen testierte Geschäftsberichte und Quartalsberichte zu publizieren. Das ist nicht zuletzt eine Lehre aus dem Betrugsskandal um die Wirecard AG.

Neu ist auch das Kriterium, dass ein Unternehmen, dessen Titel in den Olymp der deutschen Aktien aufgenommen werden soll, in den beiden vorhergehenden Jahresberichten einen Gewinn ausweisen muss. Was so profan klingt, war und ist bei dem Nachfolger der aus dem Index entfernten Wirecard, der auf Essensauslieferungen spezialisierten Delivery Hero, nicht der Fall: In 2019 wies das Unternehmen bereits einen operativen Verlust von 690 Millionen Euro auf, vergangenes Jahr stieg dieser sogar auf 894 Millionen Euro an.

Generell gilt, dass sich im DAX nicht unbedingt die profitabelsten Aktien versammeln müssen. Insofern macht es auch nach den skizzierten Neuerungen weiterhin Sinn, sich abseits des DAX nach aussichtsreichen Titeln umzuschauen – ob nun im künftig etwas gestutzten MDAX oder auch im TecDAX. Ihr Fondsmanager ist sicherlich bereits aktiv.

Mit herzlichen Grüßen aus Hamburg,
Wolff Seitz

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